Gedächtnis



Welche Hirnbereiche vermitteln Gedächtnisleistungen?


Gedächtnisfunktionen werden wie viele andere Funktionsbereiche, die vermeintlich zusammen gehören, über verschiedene verteilte Hirngebiete vermittelt. Teilweise liegen sie weit voneinander entfernt, teilweise sind sie sich räumlich nahe. Sie zeichnen sich jedoch durch eine sehr gute Vernetzung aus. Die genaue Zuordnung von Funktionen zu Hirngebieten, ist nur bedingt möglich. Die Forschung hinsichtlich der Zuweisung steckt angesichts der Komplexität des Gehirns noch in den Kinderschuhen. Viele Informationen über die Funktion des Gehirns erhält man über Patienten, die in bestimmten Hirngebieten Schädigungen aufweisen (siehe Beispielpatient H.M.). Dadurch erhält man Informationen darüber, welche spezifischen Funktionen durch den Ausfall eines Hirngebietes beeinträchtigt sind.

Enkodierung
Bei der Einspeicherung sprachlichen Materials ist der dorsolaterale Frontalcortex und benachbarte Brodman-Areale aktiviert. Außerdem sind mediale Teile des Temporallappens mit dem parahippocampalen Cortex aktiviert.

Kurzzeitgedächtnis/Arbeitsgedächtnis
Die Strukturen, die bei den Funktionen des Kurzzeitgedächtnis/Arbeitsgedächtnis eine Rolle spielen, befinden sich im Präfrontalen Cortex. So wird der dorsolaterale Präfrontale Cortex als Sitz der zentralen Exekutive diskutiert. Die phonologische Schleife wird im linken ventrolateralen PFC vermutet und der räumlich-visuelle Notizblock im rechten ventrolateralen Cortex. Zu beiden Arealen hat der dorsolaterale PFC gegenseitige Verbindungen, da er wie beschrieben für die Überwachung und den Aufmerksamkeitswechsel zuständig ist.

Verfestigung/Konsolidierung von Informationen
Der basolaterale Schaltkreis/Amygdala-Schaltkreis/Emotionskreis
Der basolaterale Schaltkreis ist für die emotionale Bewertung von Informationen zuständig. Die dazugehörigen Gehirnstrukturen sind Amygdala, mediodorsaler Thalamus und Teile des basalen Vorderhirns.
(Die Amygdala ist weiterhin mit dem Hypothalamus und mit dem Hirnstamm verbunden. Dies erklärt, warum wir bei einer emotionalen Information schnelle angemessene Reaktionen zeigen können.)


Der Papez'sche Schaltkreis
Der Papez'sche Schaltkreis spielt beim Lernen und der Festigung von Informationen eine Rolle. Es gibt jeweils einen Schaltkreis in der linken und rechten Hemisphäre, die für einen Austausch verbunden sind. Im linken Schaltkreis werden sprachliche Informationen verarbeitet, im rechten räumliche Informationen wie Wege auf Straßenkarten und abstrakte Zeichnungen. Die Kreise bestehen aus Einzelstrukturen, die zum limbischen System gehören. Der Hippocampus ist die Pforte zum Papez'schen Schaltkreis. Er erhält entschlüsselte sensorische Informationen aus den jeweiligen Sinnesbereichen in den Hirnlappen. Die Informationen wandern weiter durch den Fornix zu den Mamillarkörpern, dem Thalamus und weiter zum Gyrus Cinguli. Von hier aus werden die Informationen entweder an die jeweiligen Speicherorte weitergegeben, oder verbleiben im Papez'schen Schaltkreis zur weiteren Festigung.
Der Papez'sche Schaltkreis ist auch involviert beim Abruf von Informationen, wie dem Aufsagen eines Gedichts. Dadurch werden Erinnerungen erneut gelernt und gefestigt. 

Es ist noch nicht geklärt, wann gespeicherte Erinnerungen vom medialen Temporallappen (also auch vom Hippocampus) unabhängig sind. Dazu existieren zwei Theorien. Die Konsolidierungstheorie besagt, dass der Hippocampus und Gebiete im medialen Temporallappen für die Speicherung und den Abruf von Erinnerungen benötigt werden. Der Hippocampus ist mit allen Speicherarealen in der Hirnrinde verbunden und vermittelt zwischen ihnen, da eine Information sowohl visuelle, auditive und räumliche Aspekte haben kann. Im Laufe der Zeit bilden die Komponenten direkte Verbindungen untereinander, um das Wissen zu verknüpfen. Somit wird die Erinnerung unabhängig vom Hippocampus.
Die Theorie multipler Gedächtnisspuren besagt, dass die Speicherorte der Erinnerungen nie unabhängig vom Hippocampus sein werden. Werden Erinnerungen jedoch häufig abgerufen und somit die Netzwerke aus Nervenzellen, die für diese Erinnerung zuständig ist, vergrößert, so können Erinnerungen auch bei Hippocampus-Läsionen bestehen bleiben. Dafür spricht die Tatsache, dass semantische Erinnerungen oft mehrmals enkodiert wurden und häufiger bei nach Schädigungen des Gehirns abrufbar bleiben. Episodische Erinnerungen jedoch verschwinden eher, da sie nur einmal kodiert wurden. 

Die Speicherung von Informationen erfolgt dort, wo sie primär verarbeitet werden. In der rechten Hirnhälfte werden eher episodisch-autobiographische Erinnerungen gespeichert, in der linken Hirnhälfte eher semantisches Wissen. Gesichter und Objekte werden eher in temporalen Arealen gespeichert, Objektpositionen in parietalen Arealen, Sprachreize in frontalen Broca-Arealen und Wernicke-Arealen, motorische Abläufe im motorischen Areal des Frontallappens.
Außerdem ist der linke Temporallappen eher bei der Verarbeitung von Sprachlauten und des Sprachgedächtnis beteiligt, der rechte Temporallappen dagegen bei der Verarbeitung von Musik und dem nicht-sprachlichen Gedächtnis.

Beim Abruf von episodischen Erinnerungen ist der rechte dorsolaterale und mediale Frontalcortex aktiviert. Beim Abruf semantischen Wissens der linke inferiore Temporallappen und der mediale Gyrus temporalis.

Non-deklaratives Gedächtnis

Beim Erlernen und Ausführen von Fertigkeiten, sowohl sensumotorischer als auch kognitiver Natur, spielen folgende Hirngebiete eine Rolle: Cortex (Hirnrinde), die Basalganglien (Stammganglien), der Thalamus, der motorische Cortex, der Hirnstamm und das Rückenmark.

Das Priming erfolggt unabhängig von Prozessen, die das deklarative Gedächtnis vermitteln. Dabei sind vor allem neokortikale Areale des Temporallappens und Okzipitallappens aktiviert. Je nach Modalität des vorbereitenden Reizes gibt es Veränderungen im auditorischen, somatosensorischen oder visuellen Cortex.

 


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